Die in die Jahre gekommene Fassade des Nordwestgiebel, sowie die begleitenden Traufseiten waren im Focus saniert zu werden. Am Objekt befand sich ein alter Kratzputz, der überarbeitet werden sollte, gleichzeitig sollte die Fassade im neuen Glanz erscheinen. Der Schwerpunkt lag bei allen Maßnahmen stets auf die ökologischen Aspekte, bei der Auswahl der zu verwendenden Bauprodukte, zu achten. Der Focus lag somit in der Verwendung von naturbelassenen Mineralputzen auf Kalkbasis.
Somit war der Aufwand deutlich höher als für übliche Anwendungen dieser Art, aber die Hotelleitung hatte die Verwendung von naturbelassenen Baustoffen als rote Linie vorgegeben. Wohngesunde Produkte standen im Vordergrund. Die Baustoffmarke Baumit hat eigens hierzu viele der Kalkputzprodukte durch das deutsche eco Institut prüfen und zertifizieren lassen. Hier werden Produkte auf alte Arten von Emittenten geprüft. Während manche Hersteller nur ein plakatives Produkt aus dem Portfolio überprüfen lassen, sind es bei Baumit weiter über 30 Produkte. Die Produkte müssen nach nationalen Umweltgesetzen auch über eine EPD verfügen, was „Environment-Product-Declaration" bedeutet. Hier müssen lediglich gefährliche Stoffe genannt werden, bei der eco Zertifizierung werden Inhaltstoffe quantitativ ermittelt. Somit ist eine bauökologisch vertretbare Sanierung der betroffenen Fassadenflächen gewährleistet. Für den Oberputz, d.h. die Fläche, die sowohl der ständigen Witterung ausgesetzt ist, die Fläche, die dem Haus bzw. der Fassade das Gesicht gibt, aber auch Umwelteinflüssen widerstehen muss, wurde hier ein besonderes Augenmerk gelegt. Aufgrund der hohen Luftreinheit in der Rhön sind auch die biologischen Schmarotzer wie Algen und Pilze ständige Begleiter. Im Umkehrschluss bedeutet eine veralgte Fassade nicht, dass an der Fassade etwas nicht in Ordnung wäre, im Gegenteil nur auf unbelasteten Untergründen und bei sauberer Luft lassen sich die Gewächse nieder. In Regionen mit Schadstoffen belasteter Luft gibt es quasi keine Algen und Pilze. Standardprodukte werden hierzu mit Fungi- und Algiziden ausgestattet. D.h. dem Putz wird ein Gegenmittel gegen derartigen Bewuchs injiziert.
Hier am Hotel Sonnentau waren Stoffe dieser Art von Haus aus Tabu. Man musste sich wieder alter Tugenden der Handwerkskunst und der Materialherstellung bewusst werden. Daher fiel die Wahl wieder auf einen Kratzputz der „alten Schule". Eine Putztechnik, die von vielen jungen Handwerksmeistern gar nicht mehr beherrscht wird. Kratzputz mit Jurakalk funktioniert ausschließlich über seine physikalischen Eigenschaften, wie z.B. Diffusionsoffenheit (Atmungsaktiv), was bedeutet, dass Feuchtigkeit nicht lange in der Matrix verweilen wird, sondern sobald es die Witterungsbedingungen zulassen, die Feuchtigkeit, die durch Regen und Betauung aufgenommen wird, wieder zügig anzugeben. Ein weiterer Vorteil des Kalkmaterials ist sein hoher ph-Wert, aufgrund dieser natürlichen hohen Alkalität finden Mikroorganismen wie z.B. Algen und Pilze keinen geeigneten Wirtsgrund vor. Zum Glück kann der ortsansässige Malermeister Achim Kümmeth mit diesem Verfahren bestens umgehen und nahm sich dem Projekt an.
Der wichtigste Punkt an einem Kratzputz ist seine permanente Edelkreidung, d.h. die mikroporöse Putzoberfläche unterliegt einer ständigen leichten Abkreidung. Was man einfach selbst prüfen kann, indem mit der Handfläche vorsichtig über die Putzfläche gerieben wird und dabei ein Leichter Oberflächenabrieb feststellbar wird. Aber genau diese Edelkreidung wirkt im Prinzip wie ein Selbstreinigungseffekt und somit bleiben Katk-Kratzputze über viele Jahre ansehnlich und bedürfen keines Wartungsanstrichs wie es bei konventionellen Fassaden üblich ist. Kratzputz ist durch gefärbt mit reinen natürlichen Oxydpigrnenten und kommt ganz ohne Anstrich aus. Die Handwerkskunst, eine solche Fassade herzustellen gerät leider immer mehr in Vergessenheit. Wohl dem, der einen erfahrenen Handwerker zur Hand hat, der die alten Künste noch beherrscht. Hier nochmal ein herzliches Dankeschön an den Malerfachbetrieb Achim Kümmeth aus Fladungen.